Zieht sich eine liberale Gesellschaft gerade den Boden weg, auf dem sie fest stehen sollte? Ein Essay daruber, was die digitale Massenkommunikation zwischenmenschlich anrichtet.
Nichts hat das Zusammenleben so umfassend verandert wie die Digitalisierung wir denken, fuhlen und streiten anders, seit wir dauervernetzt und uberinformiert sind. Die Auswirkungen betreffen alle, egal, wie sehr sie die neuen Medien uberhaupt nutzen. Es ist ein Stresstest fur die Gesellschaft: Der Überfluss an Wissen, Geschwindigkeit, Transparenz und Unloschbarkeit ist, unkanalisiert, kein Wert an sich.
Demokratiepolitisch bedeutsam wird dies bei der vielbeschworenen Debattenkultur. Denn die Umgangsformen der sogenannten Sozialen Medien haben langst auf die anderen Arenen ubergegriffen, Politik und Journalismus spielen schon nach den neuen, erbarmungsloseren Regeln. Fruher anerkannte Autoritaten werden im Dutzend abgeraumt, ohne dass neue nachkommen, an die Stelle des besseren Arguments ist die knappe Delegitimierung des Gegners getreten. Eine funktionierende Öffentlichkeit als Marktplatz der Meinungen und Ort gesellschaftlicher Klarung scheint es, wenn uberhaupt, nur noch in Bruchstucken zu geben.
In ihrem Essay kreist Eva Menasse um die Fragen, die sie seit vielen Jahren beschaftigen: vor allem um einen offenbar hoch ansteckenden Irrationalismus und eine atzende Skepsis, vor denen niemand gefeit ist.