Heinrich von Kleists politische Texte aus den Jahren 1808/1809 werden in der Forschung oft als Ausdruck des bedenklichen Nationalismus gelesen, der an den rassistischen Chauvinismus angrenze. Die vorliegende Arbeit untersucht dieses kontrovers diskutierte Problem aus der staatsrechtlichen Perspektive und zeigt, dass es hier um eine implizite politische Theorie des Dichters geht, die mit dem auf die romische Antike zuruckreichenden verfassungsrechtlichen Begriff des Ausnahmezustandes untrennbar verknupft ist. Mit der Krisensituation in Zusammenhang gebracht, treten der Staat und die Nation bei Kleist als instabile und dynamische Existenzen auf und gerade in diesem Punkt kann man eine Radikalisierung des Konzeptes der Volkssouveranitat feststellen, mit dem die franzosischen Revolutionare und Rousseau ihren Republikanismus begrunden; das also mit dem Rassismus nichts zu tun hat.