Im Rahmen der Überarbeitung zentraler Handbucher zur Diagnose und Einordnung psychischer Erkrankungen wird momentan heftig daruber gestritten, wie lange beispielsweise ein Mensch nach dem Tod eines nahen Angehorigen trauern darf, ohne als depressiv oder anderweitig psychisch krank zu gelten. In der Debatte stehen Versorgungsanspruche der Betroffenen sowie deren Ängste vor Pathologisierung und Bevormundung einer medizinischen Wissenschaft gegenuber, die festlegen muss, was als »normal« gelten darf. Der Mediziner und Philosoph Andreas Heinz pladiert angesichts der Diversitat menschlicher Lebensformen fur einen philosophisch informierten Krankheitsbegriff, der Krankheit als Storung wesentlicher Organfunktionen definiert, die fur die betroffene Person schadlich sind oder erhebliches Leid verursachen.