In der aktivierenden Sozialpolitik mussen erwerbslose Personen immer hohere Anforderungen bewaltigen, um sich in der Zeit der Arbeitslosigkeit zu bewahren. In einer vermeintlich zweckdienlichen Standardisierung wird erwartet, dass die erwerbslosen Personen ihr Handeln an bestimmten Normen ausrichten: diese sind vor allen Dingen eine ausgepragte Leistungsorientierung, Eigenverantwortung, Funktionstuchtigkeit und Selbststeuerungskompetenz. Einer solchen Standardisierung der Anforderungen liegt die technokratische Vorstellung zugrunde, dass alle oder die meisten erwerbslosen Personen diesen Standard erfullen konnen. Dies tragt der unterschiedlichen Leistungsfahigkeit der Klienten nicht Rechnung. Unberucksichtigt bleiben auch Belastungen durch lange Arbeitslosigkeit, Ressourcenschwachen und biografisch bedingte Probleme. Der politische Ausschluss dieser Faktoren, die die Handlungsmoglichkeiten langzeiterwerbsloser Personen entscheidend beeinflussen, erzeugt ein Legimitationsdefizit in der aktivierenden Praxis. In einer strukturtheoretischen Betrachtung der Aktivierungspolitik und einer empirischen Analyse der Situation langzeiterwerbsloser Klienten in der aktivierenden Praxis zeigt Bettina Wyer, wie die politischen Widerspruche die institutionelle Praxis determinieren. Dies hat weitreichende Folgen fur die Situation der Klienten. Langzeitarbeitslose Personen, die ihr ganzes Engagement auf die verlangte Standardisierung legen, werden denn auch haufig nicht zu Arbeitnehmern im ersten Arbeitsmarkt, sondern bloß zu sehr guten Arbeitslosen.