Kritik ist Volkssport. Jeder kritisiert jeden im Wirtshaus, im Internet, an der Universitat. Gleichzeitig werden die Defizite der Kritik kritisiert. Sie greife zu kurz oder gehe zu weit, sei autoritar, dekorativ oder schlicht wirkungslos. In Anlehnung an Jean-Luc Godard konnte man sagen: »Kritik ist nicht die Beurteilung der Wirklichkeit. Kritik ist die Wirklichkeit der Beurteilung.« Auf jeden Fall verandert Kritik die Welt zumindest indirekt: als relativistische Hyperkritik, die Gemeinsamkeiten sabotiert, als Kapitalismuskritik, die den Kapitalismus fit halt, oder als Miserabilismus, der sich am Übel in der Welt ergotzt. Thomas Edlinger spurt der Fetischisierung der Kritik dort nach, wo es wehtut, und zeigt, wie sich der Unmut in postkritische Haltungen ubersetzt.