Die auf Gewalt beruhende Errichtung eines transnationalen Staatsprojekts des IS zwingt die internationale Gemeinschaft zu militarischen Interventionen. Luizard dechiffriert diese Strategie als Falle, aus der ein Entkommen mangels erfolgversprechender Konzepte immer schwieriger wird. Der Islamische Staat hat sich mit blutigen Aktionen die Buhne der internationalen Politik erobert. Von den andauernden Krisen in Syrien und im Irak profitierend, hat der IS Macht und Kontrolle uber große Regionen erlangt und verfugt uber umfangreiche finanzielle Ressourcen. Der Historiker Pierre-Jean Luizard legt eine umfassende Genese der dschihadistisch-salafistischen Gruppe vor und ordnet sie in einen soziopolitischen Kontext ein. Er fragt nach den Ursachen und Triebkraften fur den augenscheinlichen Erfolg des Islamischen Staates und sieht in dem transnationalen Staatsbildungsprojekt eine Falle, die der IS der internationalen Gemeinschaft stellt: Die Errichtung eines Kalifats und die damit einhergehende Gewalt gegen die Zivilbevolkerung, auch gegen westliche Geiseln, zwingen die internationale Staatengemeinschaft in eine militarische Konfrontation. Moralisch ist diese Auseinandersetzung nicht zu gewinnen, da die Erinnerung der arabischen Bevolkerungen mit Leid und Zerstorung nach Interventionen verbunden ist und nicht mit erfolgversprechenden Konzepten, den von Kriegen zerrutteten Gesellschaften dieser Region ein positives Zukunftsszenario anzubieten. Der IS kann uberhaupt so erfolgreich sein so Luizards These ,weil er sich als funktionales Staatsprojekt prasentiert, das den krisengeschuttelten Bevolkerungen eine gewisse Stabilitat und eine greifbare Zukunftsperspektive zu bieten scheint; Bevolkerungen, die sich nicht langer einer postkolonialen Ordnung unterwerfen wollen.