Die Vieldeutigkeit des Dom Juan ist in postmodernen Zeiten oft betont worden, doch ist sie Folge eines Tabus. Das Tabu lautet, dass Molière den in seiner Komodie uber funfzig Mal evozierten Ciel auf keinen Fall in spottisches Licht setzen wollte. So wird der orthodox-christliche Himmel, den die Zuschauer des 17. Jahrhunderts vor Augen hatten, entweder ausgeblendet oder mit modernen deistischen Vorstellungen gefullt: ein Verfahren, bei dem die Blasphemie, derer Molière von seinen Zeitgenossen beschuldigt wurde, auf der Strecke bleibt. Der Autor zeigt, Szene fur Szene, wie durch historische Ruckfuhlung, die den religiosen Realitaten im Zeitalter der Gegenreformation Rechnung tragt, die heiligen Kuhe der Pluralitat und Paradoxie plotzlich vom Fleisch fallen und wieder der sozial kampferische Molière der alteren Forschung zum Vorschein kommt.