Carl Schmitt war ein Mann des polemischen Traktats, der Streitschrift, des Pamphlets. Zu seiner eigentlichen literarischen Form fand er in dem, was die Franzosen einen brûlot nennen: ein entflammbarer Text, ein Boot mit hochentzundlicher Fracht, dazu bestimmt, das Schiff des Gegners in Brand zu setzen. Ein solcher brûlot ist die Schrift uber die »Tyrannei der Werte«. Der Titel enthalt bereits die ganze These. Werte konnen dem Gemeinwesen und seinem Recht keinen festen Grund bieten, sie verscharfen vielmehr dessen Probleme. Gerade wenn man von ihnen erwartet, sie sollen Gemeinsamkeit stiften, wirken sie zerstorerisch. [] Der jungen Bundesrepublik, in der man sich nach der tiefen Verunsicherung durch Nationalsozialismus und Krieg gern und viel auf Werte berief, liest Carl Schmitt auf diese Weise die Leviten. So scheinbar klar seine zentrale These daherkommt, so rasch drangen sich dem Leser freilich grundsatzliche Fragen auf. Auf welcher Ebene bewegt sich Schmitts Argumentation eigentlich? Geht es um politische Philosophie, um allgemeine Ethik oder um Verfassungsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit? Schmitt selbst gibt einen Hinweis, wenn er »Überlegungen eines Juristen zur Wert-Philosophie« ankundigt. [] Sein Text wahlt von vornherein eine schwierige Zwischenlage zwischen Philosophie und Jurisprudenz. Der Autor will Philosophen und Juristen etwas sagen, geht damit freilich auch das Risiko ein, beide zu enttauschen. Aus dem Nachwort von Christoph Schonberger