In der furstlichen Haupt- und Residenzstadt Rothenburg machte sich eine gelinde, aber zweifellose Erregung bemerkbar; einem harmlos durchreisenden Fremden mußte es vorkommen, als ob samtliche zwolftausend Einwohner auf den Beinen waren, um zu irgend etwas Ungewohnlichem zusammenzustromen. Evident war das Ziel der guten Rothenburger der Bahnhof, dessen Vorstand auch richtig geflaggt hatte, und auf der nicht eben breiten, aber doch auch sonst am meisten belebten Straße, die mitten durch das Stadtchen zu dem auf einem waldigen Hugel thronenden furstlichen Residenzschlosse fuhrte, sah man hie und da eine grungelbe Fahne lustig aus Fenstern oder von Balkonen in der schonen frischen Fruhlingsluft flattern. Die Kinder, die in naturlich uberwiegender Mehrzahl auf den Bahnhof herauspilgerten, trugen Straußchen in den Handen aus Himmelsschlusseln, Veilchen, Schneeglockchen, Krokus und Jonquillen, - Blumen, die der Fruhling zuerst in geschutzten Garten erbluhen laßt. - Aus dem Buch Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941) war eine deutsche Schriftstellerin. Ihre Liebes- und Kriminal-, gelegentlich sogar ihre humoristischen Romane bezogen dabei ihre Spannung oft aus geschickt eingesetzten phantastischen Motiven, die Beiwerk sein konnen, aber auch handlungsrelevant.