Schon zu Lebzeiten galt Sarah Kirsch als Klassikerin, und sie hinterlasst ein umfangreiches, vielfach ausgezeichnetes Werk. In ihrer Lyrik schildert sie Seelenzustande voller hintergrundiger Finesse und politischer Anspielungen. Trotz ihrer vordergrundigen Einfachheit sind die Gedichte wie auch die Tagebuchaufzeichnungen alles andere als naiv.
Aus dem Nachlass der großen Dichterin vernehmen wir in "Juninovember" diese unverkennbare Stimme in eigenwilligem Duktus und voll poetischer Kraft. In den Notaten aus den Jahren 2002/2003 blitzt die archaische Kraft der Natur auf, der Raureif und der dichte Nebel des Nordens, die Unterhaltungen der Rotkehlchen an der Futterstelle und »herrlich flimmerndes, flammerndes Abendrot«. Immer wieder werden auch gesellschaftliche und politische Fragen wie die Geiselnahme in Tschetschenien oder das Vorgehen der Amerikaner im Irakkrieg kommentiert. Das unmittelbare Erleben und ihr eigenstandiges Urteil hat sich die Dichterin bis zuletzt bewahrt.