Er ist der Protagonist, einer der meistgedeuteten und meistbekampften Denker des Christentums. Nicht aus Selbstsicherheit und mit Weltgewandtheit hat dieser Apostel gesprochen, sondern auf dem unsicheren Grund eines Neuanfangs, angetrieben durch Widerspruche, als ein Fragender, der mit der Sprache kampfte und ihr Begriffe wie »Kirche« und »Wiederkunft« des Christus erst abrang. Am Scharnier zwischen Judentum und Griechentum hat Paulus entscheidende philosophisch-theologische Fragen gestellt: nach dem Subjekt, nach Zeit und Geschichte und danach, wie Gott ins Wort kommt. Christian Lehnerts Essay, eine expressiv-dichterische ebenso wie begrifflich scharfe Auslegung des beruhmten ersten Korintherbriefes, ist ein Versuch, aus der postsakularen Gegenwart heraus in biographischer Rekonstruktion, uber Textarbeit und durch eigene Erfahrungen das zu erlauschen, was bei Paulus erstmals zur Sprache findet. Dieses Buch erkennt, gewiss nicht zu jedermanns Gefallen, einen Paulus, der uber die modernen Verlusterfahrungen des Glaubens und uber die Beliebigkeiten eines »Wellness«-Christentums hinausfuhrt ins Offene.