Vorliebe empfindet der Mensch fur allerlei Dinge und Wesen. Liebe, die echte, unvergangliche, die lernt er - wenn uberhaupt - nur einmal kennen. So wenigstens meint der Herr Revierjager Hopp. Wie viele Hunde hat er schon gehabt, und auch gern gehabt; aber lieb, was man sagt lieb und unvergesslich, ist ihm nur einer gewesen - der Krambambuli. Er hatte ihn im Wirtshause zum Lowen in Wischau von einem Forstgehilfen gekauft oder eigentlich eingetauscht. Gleich beim ersten Anblick des Hundes war er von der Zuneigung ergriffen worden, die dauern sollte bis zu seinem letzten Atemzuge. Dem Herrn des schonen Tieres, der am Tische vor einem geleerten Branntweinglaschen saß und uber den Wirt schimpfte, weil dieser kein zweites umsonst hergeben wollte, sah der Lump aus den Augen.
Drei Generationen lang war Marie von Ebner-Eschenbach eine leidenschaftliche Beobachterin des Menschen, unbeirrt das Leben in seiner ganzen Fulle bejahend, bewundernd, wo sie Große entdeckt, mitleidend, wo sie den Menschen in Not, und zornig entflammt, wo sie ihn eng und verhartet findet. Mit diesen Geschichten gelang Marie von Ebner-Eschenbach der Durchbruch und sie gilt heute als die bedeutendste deutschsprachige Erzahlerin des 19. Jahrhunderts.
Marie von Ebner-Eschenbach: geboren am 13.9.1830 auf Schloss Zdislawic/Mahren, gestorben am 12.3.1916 in Wien, stammte vaterlicherseits aus altosterreichischem, mutterlicherseits aus norddeutsch-protestantischem Geschlecht. Sie heiratete 1848 ihren Vetter Moritz, Professor an der Ingenieur-Akademie in Wien, spater Feldmarschallleutnant und Mitglied der Akademie der Wissenschaften; die Ehe blieb kinderlos. Sie lebten 1848-1850 in Wien, bis 1856 in Klosterbruck bei Znaim, danach in Wien und Zdislawic. 1879 machte sie eine Uhrmacher-Ausbildung. 1898 wurde sie mit dem hochsten Zivilorden Österreichs, dem Ehrenkreuz fur Kunst und Literatur, ausgezeichnet und war 1900 erster weiblicher Ehrendoktor der Wiener Universitat.