Lange wurde vor allem von einheimischen Psychotherapeuten die Behandlung von Zuwandererkindern vermieden. Aktuell fallt es angesichts der Therapiebedarfe jugendlicher Fluchtlinge schwerer, sich zu entziehen. Unter Beachten von Kultursensibilitat erscheinen viele Vorannahmen anachronistisch. Die diagnostischen Besonderheiten in Zuwandererethnizitaten sind geringer als allgemein angenommen: Somatisierungen sind nicht unbedingt haufiger, aber sie konnen aquivalente fur psychische Storungen darstellen. Enuresis kann haufiger vorkommen, elektiver Mutismus auf familiares Leid hinweisen. Deutlich erhoht ist die Rate an Angst, Depression und vor allem posttraumatischen Storungen, unter denen Fluchtlinge leiden. Auch die zentrale Bedeutung von Scham- und Schuldkonflikten darf nicht unterschatzt werden; sie konnte eine erhohte Suizidalitat unter jungen Migrantinnen erklaren. Insgesamt kann die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch das Betreten des »Dritten Raumes« der Interkulturalitat eine bereichernde Erfahrung sein.