Die Oral History einer Subkultur »Ich bin neu in der Hamburger Schule und vielleicht komm' ich hier nie wieder raus«, sangen Tocotronic 1995 und betonten damit wenn auch mit kritischem Unterton ihre Zugehorigkeit zu einer Szene, die damals zum popkulturellen Kanon gehorte. Heute ist der Diskurspop aus Hamburg Geschichte seine Bedeutung fur die deutsche Popkultur ist jedoch noch immer zu spuren. Dieses Buch nahert sich der Hamburger Schule in ausfuhrlichen Interviews mit zehn Protagonistinnen, die als Musikerinnen, Labelbetreiberinnen, Konzertveranstalterinnen, DJs oder Journalistinnen die Szene maßgeblich pragten. Bislang wurde die Bedeutung von Frauen fur die Entwicklung dieser Subkultur straflich vernachlassigt, zu sehr standen Bands wie Tocotronic, Blumfeld oder Die Sterne im Mittelpunkt des Interesses. Die Hamburger Schule war jedoch immer mehr als nur eine Musikszene, wie die Interviewpartnerinnen betonen. Eine Vernetzung von politischen Diskursen und Alltagspraxen zeichnete sie aus, die im DIY-Gedanken der eigenen Kneipe, des eigenen Clubs, Labels oder Studios ihre Verwirklichung fand und bis heute in den (stadt)politischen Kampfen in Hamburg spurbar ist. Auch aktuelle Debatten hat die Hamburger Schule vorweggenommen, etwa die Auseinandersetzung um das Verhaltnis von Kulturarbeit und Prekaritat oder die Problematik des Älterwerdens mit Pop. Dennoch sparen die interviewten Frauen nicht mit Kritik, thematisieren die reproduzierten Geschlechterrollen und stellen die Frage nach dem Scheitern der Szene. »Lass uns von der Hamburger Schule reden« ist somit keine verklarende Ruckschau geworden, sondern eine kritische Annaherung an einen Zusammenhang, der wichtige gesellschaftspolitische Fragen stellte, ohne immer eine Antwort parat zu haben. Die Protagonistinnen: Myriam Bruger, Ebba Durstewitz, Bianca Gabriel, Charlotte Goltermann, Bernadette La Hengst, Almut Klotz, Elena Lange, Julia Lubcke, Katha Schulte und Patricia Wedler aka DJ Patex.