Wieder einmal gingen Ende August Bilder durch die Medien, die aufruttelten: Ein Hagelsturm von wenigen Minuten zerstorte ganze Dorfer. Das Kloster Benediktbeuern, ein kulturelles, religioses und pastorales Zentrum, verlor sein Dach und bot ein Bild der Verwustung. Es kann ganz schnell gehen und das Leben wird von heute auf morgen prekar: Naturkatastrophen, eine falsche berufliche Entscheidung oder ein personlicher Schicksalsschlag das Leben rutscht ab und ist nicht mehr, wie es war, weit uber die materielle Dimension hinaus. In diesem Themenheft der Lebendigen Seelsorge werden einige Facetten und Perspektiven prekaren Lebens beleuchtet: Prekaritat trifft einzelne Gruppen der Bevolkerung starker und wird so zu einem Maßstab fur sozialpolitisches Handeln, wie in den Themenbeitragen diskutiert wird. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Prekaritat der Klimakrise. Diskursfelder wie die Frage nach dem diakonischen Wirken im Streetwork oder in der Jugendhilfe sind Thema des Projekt-Artikels und des Interviews. Grundlegend ist "precarious life" (Judith Butler) auch eine Frage des Werts menschlichen Lebens und hat ebenso eine religiose Dimension, denn sie beruhrt die Moglichkeit, in der heutigen Zeit zu glauben und zu zweifeln. Eine besondere Perspektive, die Anfragen an das eurozentrische Selbstverstandnis formuliert, bietet der interkulturelle Beitrag zur Haltung der Verletzlichkeit in der Pastoral mit Migrantinnen und Migranten. Wo Seelsorge auf Prekaritat trifft, geht es um den Kern des Auftrags, den das 2. Vatikanische Konzil etwa in Gaudium et spes 27 formuliert: "Alle mussen ihren Nachsten ohne Ausnahme als ein 'anderes Ich' ansehen, vor allem auf sein Leben und die notwendigen Voraussetzungen eines menschenwurdigen Lebens bedacht." Menschliche Prekaritat bleibt eine entscheidende Große, an der sich die Pastoral messen lassen muss. In welcher Art und Weise sich Ihre Beruhrungspunkte mit dem prekaren Leben auch gestalten mogen, wir wunschen Ihnen eine anregende Lekture.