Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Humboldt-Universitat zu Berlin (Institut fur Neuere deutsche Literatur), Veranstaltung: Judische Schriftsteller in Berlin nach 1945, Sprache: Deutsch, Abstract: 1969 erscheint in der DDR Jurek Beckers Erstlingswerk 'Jakob der Lugner'. Der Roman stoßt im In- und Ausland auf eine außergewohnlich positive Resonanz. Becker erhalt dafur den Heinrich-Mann-Preis der DDR und den Schweizer Charles-Veillon-Preis. Der Autor schreibt auf eine leichte, amusante Art, mit Humor Charme und Grazie uber ein unerfreuliches und dusteres Thema: das Leben und Überleben von Juden in einem nationalsozialistischen Ghetto. 'Nacht' erscheint erstmals 1964 in einer Miniauflage bei Kindler. Der Titel verschwindet jedoch schnell wieder in der Versenkung, aus dem Kindler Verlag hieß es damals zur Begrundung: 'in Deutschland darf ein solches Buch nicht verbreitet werden.' Nina Raven-Kindler, Frau des Verlegers und damalige Geschaftsfuhrerin sagte sogar: 'In unserem Verlag fand sich keine Stimme dafur... Ich furchte die falsche Reaktion des Publikums, das sehr gerne etwas finden mochte, um seine antisemitische Haltung zu rechtfertigen.' Diese Angst, Antisemitismus zu schuren, liegt darin begrundet, daß Hilsenrath in seinem Roman erstmals mit der damaligen Tradition bricht, judische Figuren ausschließlich positiv darzustellen. Er schreibt gegen philosemitische Haltungen an, indem er ohne Schonfarberei schildert, wie die Bewohner eines judischen Ghettos unter Hunger, Kalte und Krankheiten leidend, zu kampfenden Rivalen um jedes Stuck Brot oder einen Schlafplatz werden. Erst nach weltweitem Erfolg wird der Roman 1978 neu verlegt. Die offensichtliche Gegensatzlichkeit zweier von judischen Autoren geschriebenen Ghettoromane hat mich zur genaueren Betrachtung der beiden Werke veranlaßt. Da fur eine umfassende Interpretation in dieser Arbeit nicht genug Platz sein wird, mochte ich mich auf die Untersuchung wichtiger Figuren konzentrieren. Ich werde zeigen, wie unterschiedlich, in einigen Punkten aber doch ahnlich, die Autoren ihre Figuren im Ghetto agieren lassen, wie diese sich zwar an das Grauen gewohnt haben, dennoch aber versuchen, dagegen anzukampfen. Ich habe mich dabei auf die Opfer - also auf die judischen Ghettobewohner - konzentriert. Die Tater spielen in beiden Romanen keine große Rolle, bei Becker bleiben sie meist typenhaft. In 'Nacht' werden die Opfer gleichzeitig zu Tatern, die wahren Tater tauchen nur schemenhaft auf.