Wolfgang Amadeus Mozart - Die zwei Seiten eines GeniesEva Gesine Baur erzahlt Mozarts dissonantes Leben, ohne zu beschonigen, dass der Schopfer unfassbarer Musik auch eine schwarze Seite hatte: Sich seines gottlichen Talents bewusst, log, trickste und intrigierte er. Er verschenkte Gluckseligkeiten und verteilte Bosartigkeiten. Die Biografie versucht, diesen Abgrund auszuloten. Mozart selbst hat das Problem in die Welt gesetzt, mit der sich seine Verehrer und seine Biografen herumschlagen: Er schrieb Briefe, die seine menschlichen Schwachen bloßlegen. Auch andere Zeitzeugnisse zeigen einen Genius, der alles andere als gottlich war. Seinen Vater, Salieri oder seine Frau Constanze zu Sundenbocken zu machen, verbieten die Fakten. Das Verstandnis fur das Werk und den Mann Mozart voneinander zu trennen erklarte bereits der Philosoph Norbert Elias als "kunstlich, irrefuhrend und unnotig". Wer weiß, wie rastlos und ruhelos seine Mitmenschen den Zappelphilipp Mozart erlebten, dem erschließt sich, warum er auf etwa 600 vollendete Werke 160 Fragmente hinterließ. Mozarts Leiden an seiner außeren Hasslichkeit hilft, seine Begierde nach dem Schonen zu verstehen. Eva Gesine Baur macht deshalb den Widerspruch als Essenz von Mozarts Wesen und Werk zum Kern der Lebenserzahlung: Es ist derselbe Widerspruch, der den Eros kennzeichnet, wie er in Platons "Gastmahl" geschildert wird. Mit diesem Eros teilt Mozart die Rastlosigkeit. Mit ihm teilt er seine Tragik und sein Geheimnis: Er ist ein Mittler zwischen dem Überirdischen und dem Irdischen. Und daher ein unfassbares Phanomen.-