In diesem Buch aus dem Jahr 1950 hat Fromm erstmals seine Ansichten zur Religion veroffentlicht. Sie sind von seiner Beschaftigung mit der Psychoanalyse ebenso beeinflusst, wie von seiner Auseinandersetzung mit nicht-theistischen Religionen und der Mystik. Fromms Sicht der Religion ist stark davon gepragt, dass er ein autoritares Religionsverstandnis einem humanistischen gegenuberstellt - eine Kontrastierung, die auf der in Psychoanalyse und Ethik ausgefuhrten Unterscheidung zwischen einer nicht-produktiven und der produktiven Charakterorientierung aufbaut. Da institutionalisierte Volksreligionen in der Regel an den nicht-produktiven Gesellschafts-Charakterorientierungen partizipieren, haben sie nur zu oft negative Wirkungen fur das Gelingen des Menschen. Diese Erkenntnis fuhrt bei Fromm zu einer deutlichen Religionskritik, obwohl fur ihn das Phanomen des Religiosen ein urmenschliches Phanomen ist. Fromms kritische Auseinandersetzung mit autoritaren Religionsphanomenen provozierte eine zum Teil heftig gefuhrte Auseinandersetzung vor allem mit christlichen Theologen des angelsachsischen Raums, die sich gegen Fromms Kritik am calvinistisch gepragten Protestantismus zur Wehr setzten und nicht mude wurden, sein humanistisches Religionsverstandnis in Frage zu stellen.
Erich Fromm, Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Autor zahlreicher aufsehenerregender Werke, wurde 1900 in Frankfurt am Main geboren. Der promovierte Soziologe und praktizierende Psychoanalytiker widmete sich zeitlebens der Frage, was Menschen ahnlich denken, fuhlen und handeln lasst. Er verband soziologisches und psychologisches Denken. Anfang der Dreißiger Jahre war er mit seinen Theorien zum autoritaren Charakter der wichtigste Ideengeber der sogenannten 'Frankfurter Schule' um Max Horkheimer. 1934 emigrierte Fromm in die USA. Dort hatte er verschiedene Professuren inne und wurde 1941 mit seinem Buch 'Die Furcht vor der Freiheit' weltbekannt. Von 1950 bis 1973 lebte und lehrte er in Mexiko, von wo aus er nicht nur das Buch 'Die Kunst des Liebens' schrieb, sondern auch das Buch 'Wege aus einer kranken Gesellschaft'. Immer starker nahm der humanistische Denker Fromm auf die Politik der Vereinigten Staaten Einfluss und engagierte sich in der Friedensbewegung. Die letzten sieben Jahre seines Lebens verbrachte er in Locarno in der Schweiz. Dort entstand das Buch 'Haben oder Sein'. In ihm resumierte Fromm seine Erkenntnisse uber die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. Am 18. Marz 1980 ist Fromm in Locarno gestorben.