Reisen im Mittelalter. Die Wahrnehmung des Fremden in den 'unerhorten' Erlebnissen des Franziskanermonches Odorich auf seiner Reise nach China und Indien (14. Jh.)
Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Lander - Mittelalter, Fruhe Neuzeit, Note: 1,3, Humboldt-Universitat zu Berlin (Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Reisen im Mittelalter, Sprache: Deutsch, Abstract: Heutzutage siedeln wir phantastische Wesen und unheimliche Kreaturen - sei es in schriftlicher oder bildlicher Form - auf anderen Planeten in fernen Galaxien an. Im mittelalterlichen Abendland dagegen gab es noch reichlich unentdecktes Land auf dem eigenen Planeten, so dass man 'Unerhortes' dort ansiedeln konnte. Im ethnozentristisch-religiosen Weltbild, in dem die bekannten Erdteile zentral um Jerusalem angeordnet lagen, befand sich der ferne Osten am geheimnisvollen Rand dieser Welt. Neben politischer und religioser Motivation gab ebenso die curiositas1, die Reiselust, Anlass zum Aufbruch in den Orient, zur Entdeckung der Wunder Gottes.2 Die Reiseberichte dieser Zeit befinden sich fast durchgangig im Spannungsfeld zwischen Realitat und Mythos.3 Das mag einerseits in der damaligen Denkweise, einer Mischform aus wissenschaftlichem und mythisch-religiosem Denken begrundet liegen. Fur uns und unsere wissenschaftlich orientierte Sichtweise (als wahr gelten die Aussagen, die verifizierbar sind) ist sie nicht mehr nachzuvollziehen. Auf der anderen Seite erwarteten die damaligen Zeitgenossen nicht nur die reine Information uber Unbekanntes, sondern gerade der Unterhaltungswert der Erfahrungsberichte machte ihre Beliebtheit aus.4 Kommerzielle Interessen, das Renommierbedurfnis der Autoren und nicht zuletzt die Schwierigkeit, fur Unbeschreibliches Worte zu finden, formten den Stil des Reiseberichtes und trugen ihm zudem den Ruf der Lugengeschichte ein.5 [...] 1 Der Begriff 'curiositas' war im Mittelalter verbreitet und hatte in verschiedenen Beziehungen vielerlei Bedeutungen; er konnte sowohl Sorgfalt und Muhe als auch Wissbegierde und Neugierde bezeichnen. 2 Karl Zaenker, Wirklichkeit und Fiktion in der spatmittelalterlichen Reiseliteratur, in: Deutsche Jakobspilger und ihre Berichte, hg. von Klaus Herbers, Tubingen 1988, S.125 (weiterhin zitiert: Zaenker-Reiseliteratur) 3 Peter Wunderli (Hg.), Reisen in reale und mythische Ferne. Reiseliteratur in Mittelalter und Renaissance, Dusseldorf 1993, S.1/2 4 Zaenker-Reiseliteratur, S.123/124 5 Peter J. Brenner, Die Erfahrung der Fremde. Zur Entwicklung einer Wahrnehmungsform in der Geschichte des Reiseberichts, in: Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur, hg. von Peter J. Brenner, Frankfurt a.M. 1989, S.14 (weiterhin zitiert: Brenner-Reisebericht)
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