Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Lander - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 1,7, Humboldt-Universitat zu Berlin (Institut fur Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Hauptseminar: Konfessionalisierung und Sakularisierung in der Fruhen Neuzeit (Prof. Heinz Schilling), 26 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Als in Gustave Flauberts Roman 'Madame Bovary' die Heldin gestorben ist, kommt es zu einer denkwurdigen Szene: Ein Priester und der lokale Apotheker Homais wachen uber Nacht am Bett der Toten. Der Priester betet immer wieder, wahrend der Burger Homais, der seine Tochter nach Stucken von Voltaire genannt hat, ganz im Geist aufgeklarter Hygiene desinfizierendes Chlor im Haus verbreitet. Hin und wieder entspinnen sich zwischen den beiden heftige Diskussionen um Religion und Kirche. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war also zumindest in Frankreich die Entgegensetzung von Priester und aufgeklart-rationalem Burger schon gangig genug, um zur Karikatur zu werden. Die These vom Burgertum als Sakularisierungsmacht hat sich in Grundzugen bis ins 20. Jahrhundert gehalten. Jedoch wurden die wenigsten Burger im 18. Jahrhundert einfach Atheisten. Schon Bernhard Groethuysen erkannte, dass die Burger die Religion nicht einfach aus ihrem Leben verbannten, dass sie aber einen Weg fanden, große Teiles ihres Lebens unabhangig von religiosen Wahrheiten zu organisieren. Diese Entwicklung ist nicht nur im engen Rahmen einer Geschichte des Burgertums interessant, denn zahlreiche Elemente der burgerlichen Lebensweise haben sich wahrend des 19. und 20. Jahrhunderts auch in anderen Schichten verbreitet. Die besondere Wertschatzung von Bildung innerhalb des Burgertums, verbunden mit dem Anspruch, eine fur alle Menschen erstrebenswerte Lebensweise entwickelt zu haben, gehoren zu den Ursachen dieser 'Verburgerlicherung'. Gerade die Elementarschulen auf dem Land wurden dabei im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zum Ziel einer von burgerlichen Werten durchdrungenen Aufklarungs- und Bildungsbewegung, die in der Erziehung das entscheidende Mittel zu einer besseren Gesellschaft sah. In dieser Arbeit soll untersucht werden, wie sich Religion und burgerliche Werte in den Schulbuchern, die diese Be-wegung hinterlassen hat, zueinander verhalten. Zunachst werde ich dabei auf die historiographische Kategorie des Burgertums naher eingehen. Dann wird es um das Elementarschulwesen der fruhen Neuzeit, um dessen Erneuerung im spaten 18. Jahrhundert, sowie um einen der wichtigsten Bildungsreformer dieser Zeit, Friedrich Eberhard von Rochow, gehen. Im zweiten Teil sollen schließlich einige Schulbucher des 18. Jahrhunderts auf ihre Beziehung zu bestimmten Schlusselbegriffen burgerlicher Kultur, namlich 'Religion', 'Moral', 'Bildung' und 'Arbeit' untersucht werden.