Axel Gehring rekonstruiert das okonomische und ideologische Verhaltnis von Staat und Gesellschaft in der Turkei und analysiert, wie das Projekt der europaischen Integration im Kontext der Interessen turkischer Klassen- und klassenrelevanter Akteurinnen und Akteure zu verorten ist. Der Mythos, ein starker, uber der Gesellschaft stehender Staat bilde das Haupthindernis der Demokratisierung der Turkei, entstand in den Kampfen des 20. Jahrhunderts um die politische und okonomische Macht. EUReformen und ein moderater politischer Islam" in Gestalt der AKP sollten den starken Staat" demokratisieren. Der Autor zeigt, dass die 1980 durch einen Militarputsch etablierte soziookonomische Ordnung weder durch das EUProjekt noch von der AKP entscheidend herausgefordert, sondern vielmehr neu kodiert und noch tiefer verankert wurde. Der Staatsmythos erleichterte der AKP, den Umbau der Staatsapparate selektiv zu betreiben und dabei lange Unterstutzung aus der EU zu erfahren.