Es war viertel vor zehn am Sonntagabend, der Abspann des Tatort lief. Eben hatte ich das Rotweinglas umgestoßen, das neben dem Sofa auf dem Fußboden stand, als das Telefon klingelte. Ich kummerte mich nicht darum, ging rasch in die Kuche auf schwankenden Beinen, holte einen Schwamm und wischte den Wein damit auf. Das Glas war zerbrochen. Prompt schnitt ich mich an einer der Scherben. Mein Zeigefinger blutete. Jetzt musste ich also auch das Blut fortwischen. Ich war mude und etwas betrunken. Deshalb das umgeworfene Glas. Deshalb der Schnitt in den Finger. Sonst passierte mir so etwas nicht. In der Nacht zuvor hatte ich bis halb drei morgens im Internet recherchiert. Seit kurzem namlich saß ich an einem großeren Artikel uber einen amerikanischen Journalisten und Schriftsteller, dessen Name mir bislang vollig unbekannt gewesen war und der sich vor ein paar Jahren mittels Kopfschuss das Leben genommen hatte. Ich beabsichtigte, fur die Tageszeitung, fur die ich schrieb, eine langeren Beitrag zu verfassen. Damit wollte ich gewissermaßen meinen journalistischen Durchbruch einleiten. Allmahlich wurde es Zeit, dass sich etwas tat in meiner Karriere. Es sollte ein langer, wichtiger Beitrag werden fur die ubernachste Wochenendausgabe. Ich musste also sauber recherchieren. Diesmal musste alles wasserdicht sein. Wasserdicht und vor allem geistreich. Je mehr ich uber Hunter S. Thompson in Erfahrung brachte, desto mehr zog er mich in den Bann. Seine Methode der Vermengung von Tatsachen und Fantasie fand ich großartig. Sein Selbstmord hingegen war fur mich eine einzige Überraschung und eigentlich kaum zu glauben. Es wollte mir einfach nicht in den Sinn, weshalb der Bursche sich selbst zur Strecke gebracht hatte. Und genau hier lag der Schlussel zu meinem Artikel: Er sollte unter anderem eine Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Kunstlertum und Suizid darstellen.