Auszug: "Auf der Hohe des Apennin, wo er sich zwischen Toskana und dem nordlichen Teil des Kirchenstaats hinzieht, liegt ein einsames Hirtendorf, Treppi genannt. Die Pfade, die hinauffuhren, sind fur Wagen unzuganglich. Viele Stunden weiter nach Suden in großem Umweg uberschreitet die Straße der Posten und Vetturine1 das Gebirge. Treppi voruber ziehen nur Bauern, die mit den Hirten zu handeln haben, selten ein Maler oder ein landstraßenscheuer Fußwanderer, und in den Nachten die Schmuggler mit ihren Saumtieren, die das ode Dorf, wo sie kurze Rast machen, auf noch viel raueren Felswegen zu erreichen wissen, als alle andern. Es war erst gegen die Mitte Oktobers, eine Zeit, wo die Nachte in dieser Hohe noch von großer Klarheit zu sein pflegen. Heute aber hatte sich nach dem sonnenheißen Tage ein feiner Nebel aus den Schluchten heraufgewalzt und breitete sich langsam uber die edel geformten nackten Felszuge des Hochlandes. Es mochte gegen neun Uhr abends sein. In den zerstreuten niedrigen Steinhutten, die uber Tag nur von den altesten Weibern und jungsten Kindern bewacht werden, glommen nur noch schwache Feuerscheine. Um die Herde, uber denen die großen Kessel wankten, lagen die Hirten mit ihren Familien und schliefen; die Hunde hatten sich in die Asche gestreckt; eine schlaflose Großmutter saß wohl noch auf einem Haufen Felle und bewegte mechanisch die Spindel hin und her, Gebete murmelnd, oder ein unruhig schlafendes Kind im Korbe schaukelnd. Die Nachtluft zog feucht und herbstlich durch die handgroßen Lucken in der Mauer, und der Rauch der ruhig ausbrennenden Herdflamme, der jetzt vom Nebel gedrangt wurde, schlug schwerfallig zuruck und floss an der Decke der Hutte hin, ohne dass es der Alten beschwerlich ward. Hernach schlief auch sie mit offenen Augen, soviel sie konnte."