Schillers Todestag jahrt sich im Mai 2005 zum 200. Mal. Burkhard Muller will den Untiefen der Jubilaumsliteratur entgehen. Weder laßt er Schiller ein weiteres biographisches Begrabnis erster Klasse zuteil werden. Noch tut er ihn als 'Idealisten' ab, also als sympathischen Spinner. Stattdessen geht er von dem aus, was Schillers Große ausmacht: der leidenschaftlichen Sprache des Dichters, in der er seine Buhnenfiguren erschafft und sie zu ihren Taten vorantreibt. Wie in seinem dramatischen Werk laßt Schiller sich auch in seinen philosophischen und historischen Schriften vom szenischen Sprachdenken fortreißen, halsbrecherisch kommen seine Thesen daher; sie gleichen Verschworungen des Geistes, wobei der ausgefuchste Plan immerfort durch die kuhne Improvisation uberholt wird. In unserem Zeitalter, dessen Theater schwach und dessen Theorieunlust ausgepragt ist, ist Burkhard Mullers schwungvoller Essay eine Provokation und wird damit dem Vermachtnis Schillers gerecht.'Wie oft habe ich den Regisseur verflucht, der die Schauspieler, die ersichtlich ihr Handwerk konnten, wenn man sie nur ließe, fur seine Matzchen verbrat wie ein stumperhafter Koch, der aus lauter erstklassigen Zutaten einen Fraß anrichtet und dafur gar noch gelobt werden will! Das Theater wird nur dann eine Zukunft haben, wenn es wieder zum Theater der Schauspieler wird und dem Regisseur den Platz anweist, der ihm zukommt, irgendwo zwischen Garderobenfrau und Beleuchter.' Burkhard Muller