Theorie von dem Wort ging seit den sechziger Jahren ein magisches Leuchten aus. Theorie war ein Wahrheitsanspruch, ein Glaubensartikel und ein Lebensstil. Doch woher kam die Faszination fur die gefahrlichen Gedanken? Warum zogen sie Legionen von Lesern in ihren Bann? Philipp Felsch erzahlt in seinem grandios geschriebenen Buch von den Utopien, den Experimenten und Leidenschaften einer Generation, die sich in den Dschungel der schwierigen Texte begab. Fur drei Jahrzehnte gehorte der Theorieband als Vademekum in jede Manteltasche. Es war die Zeit der apokalyptischen Meisterdenker, der glamourosen Unverstandlichkeit und der umsturzenden Lektureerlebnisse. In einer Welt, die im Kalten Krieg erstarrte, ging nur von großen Ideen Bewegung aus. Je schwieriger die Texte, desto intensiver die Lekture, je abstrakter die Argumente, desto relevanter fur die Wirklichkeit. Heute, wo die intellektuellen Energien von '68 in schwach glimmende Substanzen zerfallen sind, ist es Zeit zuruckzublicken: Was war Theorie? In West-Berlin versorgte der Merve Verlag die Geister mit wildem Denken von den Kadern der Studentenbewegung uber Spontis und Punks bis zu den Avantgarden des Kunstbetriebs. Philipp Felsch schreibt die Geschichte einer intellektuellen Revolte, indem er sich den Buchermachern und ihren Lesern anvertraut. Er folgt ihren verschlungenen Pfaden vom Klassenkampf bis in den White Cube der Galerien, um eine Epoche wiederauferstehen zu lassen, in der das Denken noch geholfen hat.