Seit jeher inszenierten sich Russlands Herrscher als allmachtige Autokraten, die ihr Land mit eiserner Faust regierten. In Wahrheit aber war diese Inszenierung nur eine Fassade, hinter der sich die Schwache des Staates verbergen konnte. Das zarische Vielvolkerimperium war ein fragiles Gebilde, das im Modus der Improvisation beherrscht wurde, seit Peter I. es nach Westen geoffnet hatte. Wie aber gelang es den Zaren und ihrer Burokratie, ein multiethnisches, schwach integriertes Imperium uber zwei Jahrhunderte erfolgreich zusammenzuhalten? Jorg Baberowski erzahlt Russlands Geschichte aus der Perspektive der Herrschaft und ihrer Zwange. Anspruche und Moglichkeiten fanden in Russland nur selten zueinander. Der autokratische Staat operierte im Modus der Improvisation, weil es ihm an Instrumenten der Integration fehlte. Davon aber wussten auch diejenigen, die ihn herausforderten. Es war die Kritik, die sich mit den liberalen Reformen Alexanders II. (18551881) ausbreiten konnte, die die Staatskrise uberhaupt erst ausloste. Der sterbliche Gott, wie Thomas Hobbes den Leviathan genannt hat, lebt von der Illusion der Stabilitat und Unerschutterlichkeit. Doch der sterbliche Gott ist verwundbar. Er ruht auf Voraussetzungen, die er selbst garantieren muss. Davon ist in diesem Buch die Rede: Von Krisen und ihrer Bewaltigung. Und insofern weist die Geschichte, die Jorg Baberowski in diesem Buch erzahlt, auch uber Russland hinaus: Weil sie nach den Grundlagen staatlicher und gesellschaftlicher Ordnungen fragt und zeigt, wie schnell sie sich auflosen konnen. Wer verstehen will, was Macht und Herrschaft sind und warum sie in Russland andere Formen annahmen als im Westen Europas, der findet Antworten in diesem glanzend geschriebenen Buch.