Die Grenzoffnung im Herbst 2015 war ein tiefer Einschnitt in der deutschen Geschichte. Der Beginn der sogenannten "Fluchtlingskrise" markiert eine massive Spaltung quer durch Familien und Freundschaften und eine unversohnliche Polarisierung der politischen Lager. Praktisch alle Parteien, Medien, Kirchen, Kunstler und zivilen Organisationen haben sich dabei von Anfang an geschlossen auf die Seite eines moralischen Universalismus gestellt, der jedes partikulare Interesse als nationalistisch, rassistisch oder "rechts" verortete und seine Protagonisten als "Pack", "Dunkeldeutschland" oder "Hetzer" in das gesellschaftliche Abseits stellte. Im Kern bleibt der moralische Universalismus unpolitisch. Denn seine abstrakten Forderungen reflektieren weder seine historischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen, noch die großtenteils irreversiblen Folgen seines eigenen Handelns. Ob die mit der Grenzoffnung bereits angestoßenen Entwicklungen noch eine Umkehr ermoglichen, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen. Hauptbedingung fur eine politische und vor allem mentale Wende ist aber eine nuchterne Analyse und Darstellung der Gegenwart, die sich an der Wirklichkeit, also an dem, was ist, und nicht an dem, was sein soll, orientiert. Die hier vorliegenden Essays wollen dazu einen Beitrag leisten.