Ernst Barlach nimmt unter den Kunstlern der Moderne einen besonderen Platz ein. Über Barlachs Der tote Tag befand Thomas Mann, es sei das »Starkste und Eigentumlichste , was das jungste Drama in Deutschland hervorgebracht hat«. Über seine Plastiken hielt Bertolt Brecht fest: »Sie haben viel Wesentliches und nichts Überflussiges.« Als Neil MacGregor 2014 fur seine Londoner Ausstellung »Deutschland Erinnerungen einer Nation« nach einem ikonischen Exponat suchte, entschied er sich fur Barlachs »Schwebenden« aus dem Gustrower Dom. Anlasslich des 150. Geburtstages von Ernst Barlach erscheinen seine Briefe in einer vierbandigen Ausgabe. Sie enthalt neu aus den Originalen transkribierte Texte mit einem kontextbezogenen Kommentar. Ein Viertel der gut 2200 Briefe wird hier zum ersten Mal veroffentlicht.
Mit den Briefen schrieb Barlach den Roman seines Lebens. Der Bogen reicht von Sinnsuche und Selbstaussprache uber Kunstlerwerdung und Meisterschaft bis hin zu Verzweiflung und Vereinsamung. Der alleinerziehende Vater gibt Nachricht, der selbstbewusste Kunstler verhandelt, der Einzelganger zieht sich zuruck, der politisch interessierte Beobachter kommentiert. Der hier schreibt, ist belesen in vielen Literaturen, bewandert in der Kunst und begabt, von sich zu sagen. Er ist feinfuhlig und unbescheiden, neugierig und starrsinnig, er bittet und ignoriert. In seinen Briefen wird Barlach kenntlich als Mensch.