Ihre Kindheit in gutburgerlichen Verhaltnissen war gepragt vom Kaiserreich und dem Ersten Weltkrieg. Die Weimarer Republik eroffnete ihr neue personliche Freiheiten sowie die Chance, Chemie zu studieren. Wahrend des Dritten Reiches brachte sie vier Kinder zur Welt und verlor ihren Ehemann in Stalingrad. Die sowjetische Besatzungsmacht erzwang die Enteignung der Textilfabrik, den Verlust des Wohnhauses und des Vermogens. In der DDR ernahrte sie ihre sechskopfige Familie als Straßenbahnschaffnerin und Taxifahrerin in Dresden und litt unter der flachendeckenden Überwachung der Stasi. Am Ende klang ihr Leben in relativer Behaglichkeit in der Bundesrepublik aus, wo sie 1985 starb. In Renate Bottgers Briefen spiegelt sich das von Katastrophen gepragte 20. Jahrhundert: zwei Weltkriege und funf verschiedene politische Systeme, die sich jeweils kontrar zu den vorangegangenen definierten. Die umwalzenden zeitgeschichtlichen Ereignisse und ihre unbandige Lebenslust aller Widrigkeiten zum Trotz pragen diesen Briefwechsel. Ihr außergewohnlicher Schreibstil macht die Lekture dieser Dokumente, sorgfaltig von ihrer Tochter Barbara Bottger editiert, zu einem großartigen Leseerlebnis, die die Zeitlaufte in einem ganz besonderen Licht erscheinen lasst.