Dies ist die Analyse der abgrundtiefen, alle Bereiche des Lebens durchziehenden Verlogenheit des DDR-Regimes. Ausgangspunkt ist das alle Diktaturen kennzeichnende Phanomen der geistigen Manipulation. Da die Manipulation in der DDR durch die nicht mogliche Abschottung gegen westliche Einflusse leicht durchschaubar war, ergriffen breite Teile der Bevolkerung die Flucht nach innen, indem sie den ideologischen Erfolg der Manipulation vortauschten: Man hatte zwei Meinungen - eine offentliche und eine private. Angesichts der durch Grenzanlagen mit Todesstreifen und Minengurtel immer unmoglicher werdenden tatsachlichen Flucht war dies der Ausweg in einen - wenn auch sehr begrenzten - Freiraum. In ihm aber war das standige Vortauschen des Erfolgs staatlicher Einflussnahmen in Form unausgesetzten Lugens notwendig. Erstaunlicherweise wurde der vorgetauschte Erfolg von den staatlichen Organen und deren Vasallen trotz der immer offensichtlicher werdenden Verlogenheit zunehmend als hinreichend akzeptiert. Den Unterworfenen war diese Genugsamkeit wiederum vollig bewusst - es wurde ihnen ja sogar signalisiert, dass das Scheinbare genugte! So nahm das gesamte Leben in der DDR zunehmend den Charakter des Scheinbaren an. Die Verlogenheit erfasste alle Bereiche der Gesellschaft und fuhrte zu einer unertraglichen Absurditat. Aus dieser zu entkommen, blieb nun doch nur die physische Flucht, die der Staat aber umso sicherer und brutaler verhinderte, wie das Maß der Verlogenheit umfassender und offensichtlicher wurde. In erster Linie auf Grund der wirtschaftlich desolaten Situation begann das Regime, Ausreisen zu ermoglichen. Damit wurde der Druck zur Flucht umgeleitet in ein scheinbar legales, lawinenhaftes Ausreisegeschehen, ohne dass dies die Absicht der Herrschenden gewesen ware. Mit diesem Exodus und mit seiner Wirkung auf die Bleibenden wurde in den 1980er Jahren das Ende des DDR-Regimes eingeleitet.