Es sollte sein Opus magnum werden, ein schonungsloses Sittenbild proustscher Dimension doch Capote konnte und wollte es nicht abschließen. Gleichwohl ist Erhorte Gebete sein konsequentestes Werk, eine giftgesattigte Abrechnung mit der feinen Gesellschaft. Hier schildert Capote die Reichen und Machtigen, die Verruckten und Verruchten, all jene, die ihn jahrelang als ihr Schoßhundchen betrachtet hatten. Als das erste Kapitel des Schlusselromans Mitte der Siebzigerjahre in Esquire abgedruckt wurde, erkannten Capotes Freunde, dass das Schoßhundchen durchaus auch zubeißen konnte: Plotzlich waren ihre intimsten Geheimnisse - vom Seitensprung bis zum vertuschten Mord - schwarz auf weiß nachzulesen. "Es ist sehr schwierig, Gentleman und Schriftsteller zu sein", hat W. Somerset Maugham einmal bemerkt. Mit Erhorte Gebete entschied sich Capote eindeutig fur Letzteres.