Vom Balkon des Hauses gleich hinter dem Bahnhof kann man mit dem Großvater die vorbeiratternden Guterwaggons zahlen. Großvater Oskar, der in der nahen Fabrik Aluminium goss, das bis nach Italien und in die ganze Welt ging, und dessen weiteste Reise eine nach Einsiedeln war. Im abgelegenen Bergdorf hingegen, wo die Gassen so eng sind, dass die Kinder quer uber die Dacher laufen, lebt einzig noch die Großmutter, die immer von einem anderen Leben traumte und des Nachts Gedichte schrieb. Die Zeiten, da man die Waren uber Leitern am steilen Berg transportierte, sind langst vorbei. Heute geht es samstags mit dem Subaru zum Einkauf ins Placette. Als eines Tages der Großvater den Jungen bittet, ihn zum Winterschnitt in die Reben zu begleiten, wissen beide, dass nicht nur deren Tage gezahlt sind. Mit seinem ersten Erzahlband betritt Rolf Hermann literarisches Neuland. Er blickt auf Kindheits- und Jugendjahre in einem Tal zuruck, um das himmelhoch die Berge stehen. Mit Warme und Feingespur, in einer bildstarken, prazisen Sprache entfaltet er die Lebenswelt dreier Generationen im Wandel der Zeit. Er erzahlt eine sanfte Melancholie, bisweilen auch einen stechenden Schmerz auslosend von stillen Sehnsuchten und leisen Abschieden. Und von der Tatigkeit, die den Dingen und Menschen, die man liebt, Dauer verleiht: dem Schreiben.