»Kann man denn zu Kafka noch irgendetwas Neues sagen?«, fragt der Soziologe und Philosoph Michael Lowy zu Beginn seines großartigen Essays und schafft tatsachlich innerhalb weniger Zeilen einen Zugang zu dem deutschen Literaturklassiker, der ein vollig neues Licht auf einen der bedeutendsten Autoren der Moderne wirft. Lowy erzahlt von biografischen, oft vernachlassigten Umstanden und fuhrt uns dabei den politisch sensiblen Kafka vor Augen, der als Schuler provozierend die rote Nelke am Revers trug, und der als Student enge Kontakte zum libertaren Milieu seiner Heimatstadt Prag pflegte und begeistert anarchistische Autoren wie Pjotr Kropotkin las. Auf Grundlage einer sorgfaltigen literarischen Analyse von Kafkas Romanen und wichtigsten Erzahlungen erarbeitet Michael Lowy die These, dass vor allem Antiautoritarismus den roten Faden in Kafkas Werk bildet. Von der Rebellion gegen die Autoritat der Vater uber die Auseinandersetzung mit der (judischen) Religion bis hin zur schonungslosen Entlarvung der Brutalitat kapitalistischer Verhaltnisse und anonymer Apparate folgt Kafka diesem Grundmotiv. Dieser Analyse folgend beleuchtet Lowys Essay die erschreckende Aktualitat des literarischen Werks von Franz Kafka.