Das Gefangnis ist eine Institution, die unsere Gesellschaft herausfordert: Die Haft beschneidet die personliche Freiheit, das hochste Gut in der Demokratie. Die Historikerin Annelie Ramsbrock erzahlt, wie der westdeutsche Staat nach 1945 das Dilemma zu losen versuchte: Das Gefangnis sollte kunftig nicht nur Strafe sein. Es sollte die Straftater resozialisieren.
Wie in einem Labor versuchte man, die Ideale der sich demokratisierenden Bundesrepublik auch im Gefangnis zu vermitteln. Der Strafvollzug sollte liberalisiert werden, mit Arbeit und Ausbildung, Kunstaktionen und Sportveranstaltungen, Gruppentherapien und Wohngemeinschaften. Das Leben in Freiheit so weit wie moglich zu imitieren gelang aber nicht. Und so verlauft die Geschichte des Gefangnisses und des reformierten Strafvollzugs zwar parallel mit der Geschichte der Demokratisierung nach 1945 bis in die 1980er Jahre und ist dennoch eine andere.
Das Gefangnis blieb ein ganz eigener Ort, in dem Menschen auf engstem Raum streng reguliert zusammenleben - eine geschlossene Gesellschaft. Annelie Ramsbrock beschreibt diese Gesellschaft aus der Nahsicht und fragt am Ende, warum eine Resozialisierung im Sozialversuch Gefangnis nicht gelingen kann.