"Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschadigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafur demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird", so kurz nach der im Marz zu Ende gegangenen Leipziger Buchmesse die Charta 2018. Unmittelbar vorher hatte der Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp behauptet, dass uber 95 % der Fluchtlinge nach Deutschland kamen, um in die Sozialsysteme einzuwandern. Das Thema der Migration kocht weiter hoch. In dieser Debatte bezieht die Lebendige Seelsorge Position: Im Gegensatz zum politisch-medialen Sprachgebrauch der "Fluchtlingsstrome" erinnern Regina Polak und Jurgen Ebach an das biblische Narrativ: das biblische "Israel" ist das Land, in das man kam, kommt und kommen wird. Die Fremden sind nicht die anderen, wir selber waren und sind Fremde und Fluchtlinge. Der Migrationsforscher Jochen Oltmern sieht die Migrationsdebatte von einer merkwurdigen Hermetik gepragt: es wird haufig uber Migrantinnen und Migranten geredet, selten mit ihnen. Da tut es gut, auf christliche Projekte hinweisen zu konnen, die eine andere Sprache sprechen: Das Willkommensnetz des Bistums Trier, das vom Begriff der sozialen Teilhabe ausgeht, vom Wurzburger Modell, das die medizinische Versorgung von Asylbewerber/innen in einer Gemeinschaftsunterkunft beschreibt, von den Erfahrungen in der Wurzburger Hochschulgemeinde, in der Studierende konkrete Solidaritat einuben konnen. Wie Theologinnen und Theologen sich in dieser Frage einmischen konnen, machen Monika Scheidler und Karlheinz Ruhstorfer deutlich. Wenn Heimat zum Ressentimentbegriff mit disziplinierender Macht aufgebaut wird, wird Jesu Selbstaussage "Ich bin die Tur" zur Losung: er ist nicht Grenze, sondern Öffnung. Predigt wird in diesem Kontext zur politischen offentlichen Rede - allerdings mit Argumenten, wie Wolfgang Beck zeigt. Dabei kann nicht nur die Bibel bemuht werden, sondern auch die Geschichte. Denn Kultur ist nie etwas Statisches, sondern hat sich standig weiterentwickelt, so der Philosoph Matthias Hoesch im Gesprach. In der Frage der Migration kann man nicht nicht Stellung beziehen. Wie Christen sich positionieren konnen, zeigt dieses Heft.