Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 18/20, Université de Picardie Jules Verne (UFR de Cultures et Langues Étrangères, dep. Allemand), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Verruckung in der Literatur vom Realen zum Fiktiven eroffnet einen Raum, der auf vielschichtige Weise neue Denkprozesse moglich macht. Kann Literatur auch zu einem neuen kulturuberbruckenden Identitatsverstandnis beitragen? Heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, wird unter Kultur 'die Gesamtheit der geistigen, kunstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Hoherentwicklung' verstanden. Diese Auffassung, die das Gewicht auf Gemeinschaft, also auf eine Gruppe und nicht auf das Individuum legt, tragt die Spuren des Kulturkonzeptes von Johann Gottfried Herder, das Kultur als Spiegelung der homogenen Identitat einer Nation, d.h. eines Volkes sieht. Entspricht diese Definition wirklich noch dem Zeitgeist des 21. Jahrhunderts, das vor allem durch Globalisierung, internationale Vernetzung, der Aufhebung von Raum- und Zeitgrenzen durch fortschreitende Technik und dem durch Migration bedingten Zusammenleben von Menschen verschiedenster Herkunft und Nationalitaten gekennzeichnet ist? Anhand je eines Beispiels aus der deutschen und der franzosischen zeitgenossischen Literatur, 'Gefahrliche Verwandtschaft' von Zafer ?enocak und 'Murmures à Beyo?lu' von David Boratav, werden in dieser Arbeit Beitrage aus zwei verschiedenen Sprach- und Kulturraumen zur literarischen Debatte um Multi-, Inter- und Transkulturalitat vorgestellt, untersucht und verglichen. Beide Romane greifen durch die polykulturelle Charakterisierung ihrer Protagonisten einen viel diskutierten Aspekt der Identitatsproblematik des auslaufenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts auf. Wie wird Entwurzelung und Identitatslosigkeit in den Romanen verarbeitet und dargestellt? Wird die Fremd-Eigen-Dichotomie in den Werken literarisch uberwunden? Inwieweit ist Erinnerung und die Tradierung von Geschichte zentral fur die Identitatssuche bzw. -findung? Gibt es eine Geschichte und Identitat ohne Erinnerung? Welche Rolle nehmen Sprache und Schreiben im transkulturellen Prozess ein? Was haben Globalisierung und Identitatsverlust im literarischen Sinn gemein?