Die aktuellen Interventionen westlicher Machte in Drittweltlandern haben vieles gemeinsam mit den unzahligen Gewaltkonflikten an der Peripherie seit der Eroberung Amerikas im 16. Jahrhundert. Wie ihre Vorganger sind die modernen Imperialkriege vor allem von den Gegebenheiten des Raums und der ausgepragten Asymmetrie von Militarorganisation, Ressourcen, Kriegfuhrungsstilen und Gewaltkulturen der Konfliktparteien gepragt. Sie sind im Kern lokale Burgerkriege, in denen die westlichen Machte nur ein dominanter Machtfaktor unter vielen sind. Sie haben keine klaren Fronten, keinen Anfang und kein Ende. Regeln zur Gewalteinhegung spielen nur eine geringe Rolle. Die westliche Militarmaschinerie erweist sich auch heute noch als unfahig, einen politischen Konflikt militarisch zu entscheiden, einen Gegner zur Schlacht zu stellen, der keinen Grund hat, sie anzunehmen, und sich auf Guerillakrieg und Terrorismus verlasst. Den Preis zahlt letztlich, fruher wie heute, die Bevolkerung vor Ort. Dierk Walter unternimmt erstmals den Versuch, die Logik der Gewaltkonflikte im Rahmen der europaischen Expansion schlussig zu erklaren. Er untersucht Konfliktmuster, die Bedingungen der Gewaltentgrenzung und die Dynamik des Zusammenstoßes gegensatzlicher Gewaltkulturen. Dabei werden Parallelen zwischen verschiedenen Imperien und Kontinuitaten uber die Epochengrenzen hinweg deutlich, die eines ganz klarmachen: Die jungsten Militareinsatze westlicher Streitkrafte in Drittweltlandern wie Afghanistan, Irak oder Mali sind keine "neuen Kriege". Vielmehr stehen sie in einer 500jahrigen Tradition transkultureller Gewaltkonflikte unter den spezifischen Bedingungen der "kolonialen Situation".