Wahrend innerhalb Russlands das Verbot kritischer Medien und die Gleichschaltung der verstaatlichten Sender eine beinahe karikaturhafte Erzahlung uber traditionelle Werte und die Notwendigkeit der »Militarischen Spezialoperation« hervorbringen, arbeiten sorgfaltig geplante Propagandaaktionen im Rest der Welt an der Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Ein planmaßiger Wahnsinn uberzieht das Land. Er zeigt sich in inflationar gebrauchten Euphemismen und Hassrede, als Denunziation und in einem bis ins Subtilste durchdachten Strafregime. Und es ist ein Wahnsinn mit Geschichte. Denn die Gewalt, die die russische Gesellschaft unerbittlich im Griff hat, ist eine Fortfuhrung der paranoiden Suche nach Feinden, der nachtlichen Verhaftungen, Durchsuchungen und Folterungen sowie der Gulags aus dem Sowjetregime in grellem, neuem Gewand und verschmolzen mit dem Gangstertum der Neunzigerjahre. In ihrem einzigartigen Ton, der so prazise wie ironisch ist, zeigt Irina Rastorgueva in einer Montage aus Zeitungsfundstucken und unabhangigen Berichten, aus der eigenen Erfahrung genauso wie aus der Analyse kremlkritischer und russlandtreuer Autoren das Wirken der russischen Selbstvergiftung.