Der Artikel 'Psychoanalyse - Wissenschaft oder Linientreue' handelt von der Kontroverse zwischen der Freudschen Bewegung und ihren Dissidenten, die mit der Veroffentlichung der dreibandigen Freud-Biographie von Ernest Jones 1957 ihren Hohepunkt erreichte. In ihr wurden die Kritiker Freuds, Otto Rank und Sándor Ferenczi, zu psychisch Kranken erklart. Fromm belegt mit Äußerungen von Zeitzeugen, dass die Stigmatisierung gerade von Ferenczi frei erfunden war, um dessen anderes Verstandnis von Psychoanalyse als Ausdruck eines Verirrten und Irren zu brandmarken. Inzwischen hat die psychoanalytische Geschichtsschreibung Ferenczi und seinen therapeutischen Ansatz rehabilitiert und damit Fromms Anliegen bestatigt.
Erich Fromm, Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Autor zahlreicher aufsehenerregender Werke, wurde 1900 in Frankfurt am Main geboren. Der promovierte Soziologe und praktizierende Psychoanalytiker widmete sich zeitlebens der Frage, was Menschen ahnlich denken, fuhlen und handeln lasst. Er verband soziologisches und psychologisches Denken. Anfang der Dreißiger Jahre war er mit seinen Theorien zum autoritaren Charakter der wichtigste Ideengeber der sogenannten 'Frankfurter Schule' um Max Horkheimer. 1934 emigrierte Fromm in die USA. Dort hatte er verschiedene Professuren inne und wurde 1941 mit seinem Buch 'Die Furcht vor der Freiheit' weltbekannt. Von 1950 bis 1973 lebte und lehrte er in Mexiko, von wo aus er nicht nur das Buch 'Die Kunst des Liebens' schrieb, sondern auch das Buch 'Wege aus einer kranken Gesellschaft'. Immer starker nahm der humanistische Denker Fromm auf die Politik der Vereinigten Staaten Einfluss und engagierte sich in der Friedensbewegung. Die letzten sieben Jahre seines Lebens verbrachte er in Locarno in der Schweiz. Dort entstand das Buch 'Haben oder Sein'. In ihm resumierte Fromm seine Erkenntnisse uber die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. Am 18. Marz 1980 ist Fromm in Locarno gestorben.