Adolf von Harnack (1851-1930), herausragender Vertreter der liberalen Theologie im Kaiserreich, schrieb noch 1907: "Wie armselig ist doch der Mensch, der im Patriotismus sein hochstes Ideal erkennt oder im Staat die Zusammenfassung aller Guter verehrt! Welch ein Ruckfall, nachdem wir in dieser Welt Jesus Christus erlebt haben! Wir sollen mit aller Kraft die christliche Einheit des Menschengeschlechtes erstreben". Anfang August 1914 verfasste der Gelehrte einen Entwurf fur die Kriegsrede des Monarchen mit entgegengesetztem Tenor: "Gott der Herr hat das deutsche Volk erschaffen, damit es den Beruf auf Erden erfulle, zu dem Er es verordnet hat. Das wollen die Feinde verhindern. Wir aber antworten mit dem Rufe: Auf! Zu den Waffen! Gott will es!" Dieser Quellenband enthalt Harnacks Studie "Militia Christ" (1905) und 29 Texte mit Bezug zum 1. Weltkrieg (bis 1922) sowie in Beigaben Programmatisches von Zeitgenossen. Der vom Kaiser geadelte Wissenschaftler pladierte im Kaiserreich fur demokratische und soziale Reformen, stutzte jedoch gleichzeitig im Grundlegenden die militarische Machtpolitik. Der Kulturprotestantismus sorgte weithin fur ein "gutes Gewissen" des Burgerchristentums und ließ sich auch durch Millionen Tote nicht nachhaltig erschuttern. (Kirche & Weltkrieg - Band 6)