Tante Martl ist scheinbar unscheinbar, in Wahrheit aber ganz besonders. Der Leser spurt es gleich an der Art, wie sie ihre Telefonanrufe eroffnet: mit einem Stohnen, dem ein unerwarteter Satz folgt. Geboren als dritte Tochter eines Vaters, der nur Sohne wollte, ist Martl die ungeliebte Jungste, die keinen Mann findet, dafur aber einen Beruf als Volksschullehrerin. Nie verlasst sie die westpfalzische Kleinstadt, in der sie geboren wurde, ja nicht einmal ihr Elternhaus. Und obwohl sie ihren Vater jahrelang pflegt, wahrend ihre Schwestern Familien grunden, bewahrt sie ihre Selbststandigkeit. Wie Tante Martl das schafft und in hohem Alter noch einen großen Fernsehauftritt bekommt, erzahlt Ursula Marz mit staunender Empathie und widerstandigem Humor.