Erich Fromm hat kaum etwas zur sogenannten therapeutischen 'Technik' publiziert. Umso wertvoller ist der nachgelassene Band 'Von der Kunst des Zuhorens', der - aus dem Mitschnitt eines Vortrags und eines Seminars entstanden - zahlreiche Fragen der psychotherapeutischen Praxis erortert. Die Beitrage dieses Buches geben nicht nur unmittelbar Auskunft uber den praktizierenden Psychoanalytiker Fromm (wozu vor allem seine detaillierten Bemerkungen zu einem Fallbericht beitragen), sondern auch uber die modernen Charakterneurosen und die speziellen Erfordernisse bei ihrer Behandlung. Fur Fromm ist die Kunst des Therapierens eine Kunst des Zuhorens und eine Frage des Bezogenseins. Eine solche therapeutische 'Technik' lasst sich nicht mit Hilfe von storungsspezifischen Behandlungsmanualen erlernen; vielmehr ist sie das Ergebnis eines sehr direkten, urteilsfreien Bezogenseins auf einen anderen Menschen und auf sich selbst. Patienten werden von Fromm nicht als ein fremdes, 'gestortes' Gegenuber gesehen; vielmehr ist die Beziehung von einer tief reichenden Solidaritat bestimmt. Dies setzt voraus, dass der Analytiker und die Analytikerin mit sich selbst umzugehen gelernt haben und noch immer - durch tagliche Selbstanalyse - zu lernen bereit sind. Aus dem Inhalt Wirkfaktoren der psychoanalytischen Behandlung Voraussetzungen der psychoanalytischen Therapie Die pragende Kraft von Gesellschaft und Kultur Die therapeutische Beziehung im psychoanalytischen Prozess Die Bearbeitung des Widerstands Übertragung, Gegenubertragung und reale Beziehung Besondere Methoden bei der Therapie der modernen Charakterneurosen Sich selbst analysieren Psychoanalytische 'Technik' oder die Kunst des Zuhorens
Erich Fromm, Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Autor zahlreicher aufsehenerregender Werke, wurde 1900 in Frankfurt am Main geboren. Der promovierte Soziologe und praktizierende Psychoanalytiker widmete sich zeitlebens der Frage, was Menschen ahnlich denken, fuhlen und handeln lasst. Er verband soziologisches und psychologisches Denken. Anfang der Dreißiger Jahre war er mit seinen Theorien zum autoritaren Charakter der wichtigste Ideengeber der sogenannten 'Frankfurter Schule' um Max Horkheimer. 1934 emigrierte Fromm in die USA. Dort hatte er verschiedene Professuren inne und wurde 1941 mit seinem Buch 'Die Furcht vor der Freiheit' weltbekannt. Von 1950 bis 1973 lebte und lehrte er in Mexiko, von wo aus er nicht nur das Buch 'Die Kunst des Liebens' schrieb, sondern auch das Buch 'Wege aus einer kranken Gesellschaft'. Immer starker nahm der humanistische Denker Fromm auf die Politik der Vereinigten Staaten Einfluss und engagierte sich in der Friedensbewegung. Die letzten sieben Jahre seines Lebens verbrachte er in Locarno in der Schweiz. Dort entstand das Buch 'Haben oder Sein'. In ihm resumierte Fromm seine Erkenntnisse uber die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. Am 18. Marz 1980 ist Fromm in Locarno gestorben.