Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universitat Heidelberg (Neuphilogisches Institut, Germanisitisches Seminar), 31 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Frau Jenny Treibel gilt als einer der wenigen Romane Theodor Fontanes, die im Stile einer 'erzahlten Komodie' mit 'souveran augenzwinkerndem Charakter' gehalten sind und zumindest vordergrundig ein fur alle versohnliches Happy End aufweisen. Nicht zu ubersehen ist hinter all der Heiterkeit allerdings die scharfe Kritik, die darin an der vom Burgertum dominierten Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts geubt wird. In der Forschung wurde dieser Aspekt in zahlreichen Veroffentlichungen ausfuhrlich beleuchtet. Da Fontane selbst in einem Brief an seinen Sohn Theodor die Kritik an der Bourgeoisie als Zweck des Romans ausgibt, wird in vielen Forschungsbeitragen darauf der Interpretationsschwerpunkt gelegt. Der gesellschaftskritische Aspekt ist fur das Verstandnis des Romans von einer solch entscheidenden Bedeutung, dass auch Ausarbeitungen, denen eine andere Fragestellung zugrunde liegt, ihn nicht ubergehen konnen. Ebenso ist fur die Untersuchung der Werte und Normen in Frau Jenny Treibel eine Berucksichtigung der vorherrschenden gesellschaftlichen und sozialen Verhaltnisse unumganglich, da beide Komponenten in einer wechselseitigen Beziehung stehen: Die individuellen Wertvorstellungen des Einzelnen pragen die Normen der Gesellschaft, im Gegenzug uben diese wiederum erheblichen Einfluss auf Bildung und Ausgestaltung der personlichen Werte aus. Folglich liegen Gesellschaftskritik und Wertekritik sehr nahe beieinander und konnen nicht losgelost voneinander betrachtet werden. In der vorliegenden Ausarbeitung gilt es nun, den Roman anhand von Aussagen und Verhaltensweisen auf ihnen zugrunde liegende Wertmaßstabe zu untersuchen. Als Hinfuhrung dient eine Definition zu den Begriffen Wert und Norm sowie eine kurze Darstellung der Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert. Anschließend wird die fur den Verlauf der Geschichte entscheidende Prasenz exemplarisch ausgewahlter Werte im Denken und Handeln einzelner Romanfiguren gepruft. Das besondere Augenmerk richtet sich dabei auf die Frage, inwieweit Ideal und Wirklichkeit jeweils ubereinstimmen oder differieren. In einem letzten Punkt wird die Existenz einer Diskrepanz zwischen Schein und Sein, die in der Forschungsliteratur und nicht zuletzt von Fontane selbst als Grundfehler der im Roman durch die Familien Treibel und Schmidt vertretenen burgerlichen Gesellschaft dargestellt wird, zusammenfassend analysiert.